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Wie tickst du? Wie ticke ich?

Text: Sybil Schreiber IGEL
Bilder: Martin Rizek, Michael Studer

Es nervt einfach: Das Chaos im Zimmer der Tochter. Der Sohn, der stundenlang am Computer spielt. Das Handy, das die Kinder ständig vor der Nase haben. Egal, was man als Mutter oder Vater auch sagt, nichts scheint anzukommen.

Aber es nervt auch in die andere Richtung: Die Eltern, die fordern, die zu viel Druck machen, die von frischer Luft und früh ins Bett gehen reden und keine Ahnung haben vom Stress und Leben und überhaupt.

Zwischen den Generationen sorgen Missverständnisse für Spannungen im Alltag, daheim und in der Schule. Genau zu diesem Thema hat die Interessengemeinschaft Eltern und Lehrpersonen, kurz IGEL, einen Vortragsabend mit der renommierten Fach-Autorin Dr. Miriam Engelhardt organisiert.

Dreimal musste dieser Anlass wegen Covid verschoben werden. Dann endlich im Mai 2022 klappte es. Über hundert Interessierte kamen in die Aula, für Michael Studer, Co-Präsident IGEL, ein toller und voller Erfolg: «Das Thema ist höchst spannend. Noch dazu, wenn es auf geistreiche und unterhaltsame Art präsentiert wird. Zudem haben wir zum ersten Mal auch Schülerinnen und Schüler zu einem IGEL-Abend eingeladen. Denn die betrifft das ja ebenso, wie uns.»

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Unterschiedliche Kommunikationsformen der Generationen

Die deutsche Soziologin Dr. Miriam Engelhardt nimmt in ihrem Buch «Wie tickst du? Wie ticke ich?» die typischen Merkmale, Kommunikationsformen und das Lernverhalten der Generationen unter die Lupe: also von den Babyboomern bis zur Generation Z. Sie schaffte es vom Fleck weg, die Zuhörenden zu packen. Warum? Weil sie mit persönlichen Fallbeispielen und einer erfrischenden Dosis Humor über das kommunikative Hickhack zwischen den Generationen sprach: «Ich sagte zu meiner Tochter vor kurzem, du könntest dein Zimmer mal wieder aufräumen. Und was war ihre Antwort: Jaja. Aufgeräumt hat sie dann aber nicht. Doch was steckt eigentlich hinter dem Jaja?»

Während wir Eltern, also die Babyboomer und X-ler, noch mit eher hierarchischem Erziehungsstil aufgewachsen sind, hinterfragen die nachfolgenden Generation Respektpersonen generell, zudem stehen Harmonie, Spass, Sinnhaftigkeit und Beziehungen im Mittelpunkt.

Das «Jaja» heisst also nicht: Nein, ich räume nicht auf. Sondern nur: Ja, ich räume auf, aber dann, wenn es mir passt. Und ich sage Jaja, damit wir keinen Streit bekommen.
Wer also will, dass das Zimmer trotzdem aufgeräumt wird, könnte laut Engelhardt sagen: «Räume einfach mir zuliebe auf.» So geht Kommunikation zwischen den Generationen. «Mir zuliebe» sei ein Beziehungsargument und genau das verstehe die Y und Z-Generation.


Eltern als Coaches

Zudem hat jede Epoche ihre Sprache. Babyboomer bekamen daheim zu hören: Du kriegst Hausarrest; man lernt fürs Leben; solange du deine Füsse unter meinen Tisch streckst, bestimme ich. Die Generation der jungen Erwachsenen hingegen ist Profi im Diskutieren, Eltern sind für sie Teamplayer und die Welt ist eine Galaxie der unendlichen Möglichkeiten.
Früher wurde das System der Eltern durchgesetzt, wurden Berufe und Lebenswege vorgeschrieben, heute sind Eltern Coaches und die Ausbildung ist nicht mehr linear. Die junge Generation fragt sich, leicht überspitzt formuliert: Bringts mir was? Macht es mir Spass? Ist es sinnvoll? Wenn nicht, dann warte ich ab, bis was Besseres kommt.

Der Abend verstärkte das Verständnis füreinander, auch mit ganz einfachen Mitteln. Engelhardt sagte: «Diesen Satz sollten Eltern ihren Kindern übrigens mitgeben: Aus dir wird was!» Das sei die Aufgabe der Eltern. Unterstützen. An den anderen glauben. Den Nachwuchs bestärken.


Suche nach Ehrlichkeit

Auch Fragen zu stellen überwindet Barrieren und Sprachlosigkeit: Wie kann ich dich unterstützen? Was interessiert dich?  Damit öffne man den Raum für Gespräche ohne Vorwürfe. Für die jüngste Generation steht aber auch etwas ganz anderes im Fokus, vielleicht eine Art Gegenreaktion auf Social Media und die Darstellung der Superlative im Netz: Die Suche nach Ehrlichkeit und echten Beziehungen. Das Bedürfnis nach Verbindlichkeit und klaren Regeln meldet sich zurück. Listen seien eine gute Form, um in der Flut der Möglichkeiten und Aufgaben nicht unterzugehen. Listen verstehen die Z-ler, so Engelhardt.

Dass der Abend länger dauerte als geplant, hatte einen einfachen Grund: Das Thema war enorm spannend, man erkannte sich selbst und Miriam Engelhardt zog mit ihrer Energie und ihrem Wissen den ganzen Saal in den Bann. Und irgendwie war es auch ganz wohltuend: Wenn wir Eltern und Jugendliche nicht dieselbe Sprache sprechen, ist das kein Problem, sondern eine logische Entwicklung.

Wenn wir uns also wundern, warum die jungen Menschen im Bett oder auf dem Boden lernen, das Laptop auf den Knien, das Handy daneben, dann sollten wir es beim Wundern sein lassen. Denn die Menschen der Zett-Generation sind durch Social Media geprägt. Gelernt wird überall. Die können das. So einfach ist das.

Von daher: Chillt mal ein bisschen, liebe Eltern.
Und an die Generationen Zett: Geht mal an die frische Luft. Ohne Handy.


Zeittafel: Die Jahre sind plusminus zu verstehen
Babyboomer: 1945-1965
Generation X: 1965-1985
Generation Y: 1985-2000
Generation Z: ab 2000


Zwei Generationen, zwei Welten
Generation Z:
Suche nach Ehrlichkeit und Beziehung
Druck zur Selbstdarstellung
Superlative im Netz

Babyboomer:
Anerkennung über Leistung
Respekt vor Hierarchien
Lernen gilt als Chance

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