Es bleibt uns nichts Anderes übrig, als dich ziehen zu lassen. Der Gedanke hat mich die ganze Zeit immer wieder beschäftigt, seit ich meine Stelle hier angetreten habe. Sämtliche Fäden der KSWE scheinen bei dir zusammenzulaufen, du warst für uns der zentrale Knotenpunkt.
Vor der KSWE mussten schon andere Institutionen deinen Weggang bewältigen, deshalb habe ich in deinem Personaldossier nach Inspiration für diesen Text geforscht. Zwei Sätze aus deinen Arbeitszeugnissen früherer Arbeitgeber fassen alles zusammen, was es zu sagen gibt: «Thomas Renold hat die in ihn gesteckten Erwartungen mehr als erfüllt.» «Wir würden Thomi Renold jederzeit wieder anstellen.» Der letzte Satz in fetten Buchstaben, beide von renommierten Arbeitgebern.
Als ich die Schulkommission über deine Pensionierung informiert habe, wurde ich gefragt, weshalb du dich für den frühzeitigen Schritt entschieden hättest. Offensichtlich hat dein enormes Arbeitspensum bei dir kaum Spuren hinterlassen. Deine Frische ist keine Äusserlichkeit, du bist von Engagement und Ideen durchdrungen. Du hast in dem bald achthundertjährigen Haus einer traditionsbewussten Institution mächtig Dampf gemacht, ohne dabei in Hektik zu verfallen. Zeit scheint für dich keine beschränkte Ressource zu sein, du hattest sie immer, für alles. Auf diese Weise konntest du alle unterstützen, die es nötig hatten. Die Mitarbeitenden des Sekretariats, alle weiteren Angestellten von Verwaltung und Betrieb, die Lehrpersonen, die Schulleitung, Schülerinnen und Schüler, die Hochzeitsgesellschaften oder die Organisatoren von Firmenanlässen und unzählige andere interne und externe Anspruchsgruppen, sie alle kannten deine Telefonnummer. Klar hat es dauernd geklingelt, selbstverständlich hast du alle Probleme gelöst. Man war werktags um 7, am Wochenende oder spätabends auf dich angewiesen – es kam nie drauf an, du warst immer verfügbar.
Einer war in manchen Momenten besonders bedürftig. Nicht unbedingt als Person, sondern in seiner Rolle, die aus der Notwendigkeit der Hierarchie auf Einsamkeit aufgebaut ist. Du hast es verstanden, dem Rektor aus der gebührenden Distanz heraus zuzuhören, ihn zu beraten und in jeder Hinsicht zu unterstützen. Dafür bin ich dir sehr dankbar.
Deine Biografie weist aus, dass du jeden Weggang mit einem beflügelnden Neubeginn verknüpfst. Die Falken sind flügge und sie passen zu dir.
Paul Zübli, Rektor
Thomas Renold ein Leuchtturm der Schule geht in den Ruhestand
Nicht nur wegen Corona wird das Schuljahr 2019/2020 wohl einen besonderen Erinnerungswert erhalten. Für die KSWE mindestens ebenso bedeutend ist der Abschied von unserem langjährigen Leiter Zentrale Dienste. Thomas Renold hat in Wettingen Spuren hinterlassen, deren Würdigung eigentlich ein Buch werden müsste. Ich versuche es trotzdem in der hier gebotenen Kürze.
Die Amtszeit des Schreibenden fiel in eine Zeit des unerwartet schnellen Wachstums der Schule. Waren 1990 noch 398 Schülerinnen und Schüler an der Schule, hat sich dies mit der Einführung des neuen Maturitätsreglements (1995) grundlegend geändert: alle Schulstandorte bekamen gleich lange Spiesse und konnten das gleiche Profil anbieten. Die Wahl der Schule liegt seither bei der Schülerschaft. Für Wettingen war dies der Start einer rasanten Entwicklung. Bei meinem Amtsantritt 2005 besuchten 963 Lernende die Schule und weiter fünf Jahre später bereits knapp 1100. Nebst den Schülerzahlen hat auch die Digitalisierung zu grundlegenden Änderungen im Schulbetrieb geführt. Diese Entwicklungen konnten nicht ohne Folgen für unsere Schuladministration bleiben. Ihre Reorganisation führte zur neu geschaffenen Stelle «Leiter Zentrale Dienste». Thomas Renold habe ich 2010 nach einem längeren Auswahlverfahren für diese Aufgabe gewählt. Die letzten sechs Jahre meiner Rektoratszeit habe ich mit ihm zusammengearbeitet und mit ihm einen Mitarbeiter kennengelernt, der mich in verschiedensten Belangen mehr als nur überzeugt hat. Es war eine Wahl, die ich nie bereut habe. Mit Thomas habe ich ein Juwel gefunden, das auf verschiedensten Ebenen zu glänzen begann.
Thomas der aufgabenorientierte Teamplayer
Immer wieder beeindruckt hat mich sein Engagement und seine Identifikation mit derSchule und all ihren Ansprüchen. Thomas hat es zunächst sehr gut verstanden, imSekretariat, im Hausdienst, beim Personal in der IT, der Gärtnerei und der Bibliothek einegrundlegend neue Stimmung zu schaffen. Nicht auf der Kommandobrücke, sondern in den Niederungen der alltäglichen Arbeiten hat er das Vertrauen der Mitarbeitenden schnell
gefunden. Das Miteinander war ihm immer wichtig. So hat er im SekretariatTeamsitzungen einberufen, um die Arbeit gemeinsam zu planen und zu verteilen. Anregungen seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat er bereitwillig aufgenommen und wenn immer möglich umgesetzt. Thomas hat mit seiner Offenheit und seinem freundlichen Auftreten schnell den Boden geschaffen, der ihm überall den Respekt an der Schule brachte. Lehrpersonen und vor allem auch Schülerinnen und Schüler konnten sich mit ihren Sorgen, Anliegen oder Problemen an Thomas wenden. Er war immer da und bereit zu helfen. Thomas hatte stets eine offene Türe, ein Zeichen seiner Präsenz an der Schule. Ihn interessierten nicht Arbeitszeiten, sondern Aufgaben und Probleme, die zu lösen waren. Mehrmals musste ich ihn im Mitarbeitergespräch darauf hinweisen, dass er mit seinen Ressourcen auch etwas sorgsamer umgehen sollte. Er quittierte dies immer mit einem Lächeln und änderte sich nicht.
Thomas der Dienstleister
Thomas nahm an den Sitzungen der Schulleitung als Protokollführer eine für uns wichtige Funktion wahr. Er hat unsere Beschlüsse immer loyal mitgetragen und kommuniziert. An den Sitzungen hat er sich mit seinen Voten zurückgehalten. Er wusste immer zu unterscheiden, wer wo welche Aufgaben und welche Verantwortung hat. Unvergesslich bleiben mir auch die vielen Gespräche am Abend, wo ich ausserhalb der Traktandenliste von Sitzungen mit ihm einen Gesprächspartner hatte, mit dem ich mich über Gott und die Welt austauschen konnte. In diesen «Feierabendgesprächen» (meistens zwischen 18 und 19 Uhr) hat mir Thomas vieles, was an der Schule geschah, gespiegelt. Wir tauschten uns aus in einem umfassenden Vertrauensverhältnis. Thomas war auch einer meiner Kritiker, dem ich immer aufmerksam zuhörte, weil er es verstand, nicht auf die Person zu zielen. Er blieb stets an der Sache orientiert. Wir teilten zusammen auch Werte und Ideale. Wir wollten die Schule nicht nur verwalten, wir wollten sie gestalten und zu einem Ort machen, wo sich viele wohlfühlen konnten. Thomas hat seine Stelle interpretiert als Dienst am Mitmenschen. Ihn interessierten nicht primär Reglemente und Hausordnungen. Er war kein Paragrafenreiter, wohl aber ein Ritter der Menschlichkeit, stets gelassen, selbst in misslichen Lagen hat er seine Ruhe und seinen feinen Humor nie verloren. Thomas hat den lebhaften Betrieb an der Kantonsschule Wettingen nie als stressig oder gar als Überforderung erlebt. Im Gegenteil: Ich hatte oft den Eindruck, dass er etwas Hektik und nicht geplante Ereignisse liebte. Unerwartete Situationen nahm er als Herausforderung an, wobei ihm sein Improvisationstalent und seine Übersicht und Gelassenheit stets halfen, Lösungen zu suchen und zu finden. Er plante zwar immer zuverlässig, was zu planen war, aber das Unplanbare, das Unerwartete waren sein Lebenselixier.
Thomas der Schreibkünstler
Thomas kehrte mit einem vielfältigen Rucksack an die Schule zurück, die er selber noch besuchte, als sie als Lehrerseminar funktionierte. Nach dem Verlassen des Seminars herrschte im Kanton Aargau ein Lehrerüberfluss (kann man sich heute fast nicht mehr vorstellen!). So landete Thomas bald als Journalist beim Aargauer Volksblatt. Diese praktischen Erfahrungen bei einer Zeitung hat er im Schulalltag in Wettingen bestens zu nutzen verstanden. Seine Protokolle der Schulleitungssitzungen und der Lehrerkonferenzen sind nur ein Beispiel für seinen gepflegten Umgang mit der Sprache. Nachdem die Schulleitung entschied, mit Hilfe von Marc Buchmann (als Beauftragter Kommunikation) die interne Kommunikation mit dem Kollegium zu intensivieren, hat Thomas sofort auch mit Marc engagiert zusammengearbeitet. Er betreute die Herstellung und den Versand der am Freitag erschienenen News intern. Es ging nicht lange und Thomas griff auch in die Tasten und bereicherte das von Marc seht gut gemachte Blatt mit humorvollen Geschichten und skurrilen Gegebenheiten rund um das Kloster. Dabei legte er Wert auf Geschichten, die an der Schule passierten. Seine Berichte darüber waren geprägt von Sorgfalt, Achtsamkeit und Respekt vor den Menschen. Ich habe sie immer gerne gelesen und mich gefreut über seinen feinen Humor. Thomas hat konsequent auf Geschwätzigkeit verzichtet. Selbstinszenierungen waren ihm ein Greuel, dafür ist er viel zu bescheiden. Dass einige Lehrpersonen diesen News intern den gymnasialen Charakter absprachen, sagt wohl mehr über die Kritiker als über die Verfasser. Thomas hat es mit Gleichmut ertragen, weil er wusste, dass die sehr grosse Mehrheit seine Arbeit schätzte und ihm ihre Wertschätzung auch ausdrückte.
Thomas im Ruhestand?
Lieber Thomas, ich möchte dir rückblickend nochmals von Herzen danken für deine überaus engagierte und fruchtbare Tätigkeit an der Kantonsschule Wettingen. Mit dir durfte ich selber schöne Jahre an der Schule erleben. Du hast die Schulleitung bereichert und sehr gut ergänzt. Wir haben eine schöne Wegstrecke unserer Berufszeit gemeinsam zurückgelegt. Du warst inspirierend und zuverlässig. Ich freue mich, dich bald im Kreise der Pensionierten zu sehen. Ich weiss, für dich wird es sicher nicht einfach ein Ruhestand oder Stillstand. Du wirst aber hoffentlich Zeit finden, deine Träume zu leben und deine aufgeschobenen Pläne zu realisieren. Dazu wünsche ich dir nur das Beste, vor allem auch gute Gesundheit: ad multos annos.
Kurt Wiedemeier, Rektor 2005 – 2016