On stage

Le voyage dans la lune

Text: Sylvia Zehnder
Fotos: KSWE

Le voyage dans la lune – Eine galaktische Reise mit Hindernissen, Herz und Humor

Nach den ernsten Tönen im Vorjahr – es wurde das Deutsche Requiem von Brahms aufgeführt – wagten sich Chor und Orchester der Kantonsschule Wettingen unter der Leitung von Cristoforo Spagnuolo diesmal in völlig neue Sphären: Mit Jacques Offenbachs Operette Le voyage dans la lune (zu deutsch: Die Reise zum Mond) wurde es verspielt, verrückt – und ausgesprochen französisch.

Doch der Weg zu diesem musikalischen Höhenflug war nicht einfach. Schon die Beschaffung des Notenmaterials glich einer kleinen Odyssee: Zuerst gab es nur eine teure, bearbeitete Version aus Berlin – bis schliesslich ein glücklicher Zufall zu einer gelungenen Neuedition aus Venedig führte. Und das Beste daran: Sie war nicht nur originalgetreu, sondern auch kostenlos. Ein Glücksgriff!

Auch musikalisch war der Start etwas holprig. Offenbachs spritzige Melodien in französischer Sprache waren Neuland für viele der rund 80 Chormitglieder – und der Funke sprang zunächst nicht gleich über. Doch das änderte sich schnell: Mit jeder Probe wuchs die Freude und bald wurde klar, dass Le voyage dans la lune mehr ist als nur ein kurioses Stück Operngeschichte. Es ist ein musikalisches Märchen voller Lebensfreude, Fantasie und Ironie.

Die Geschichte? Völlig verrückt – und genau darum so charmant: Prinz Caprice, ein abenteuerlustiger Lebemann, schiesst sich in einer Rakete zum Mond. Dort trifft er auf ein Volk, das bis dahin nicht an ausserirdisches Leben geglaubt hat – und verliebt sich prompt in die Mondprinzessin, die allerdings keine Ahnung hat, was Liebe überhaupt ist...

Was viele erstaunt: Offenbach schrieb diese Oper bereits 1875 – also 94 Jahre vor der echten Mondlandung! In einer Zeit politischer Unsicherheit war seine Musik ein Appell an die Kraft von Träumen, Utopien und Humor. Und dabei ist Le voyage dans la lune durchaus auch gesellschaftskritisch. Offenbach nutzte die fantastische Handlung, um ironisch über Wissenschaftsgläubigkeit, politische Macht, kulturelle Arroganz und soziale Konventionen zu reflektieren.

Für Chor und Orchester der Kanti war das Stück eine echte Herausforderung: rasante Wechsel, kurze Einsätze, französischer Gesang. Für das temporeiche Meisterwerk voller Witz brauchten Chor und Orchester 100 Prozent Konzentration und Spielfreude.

Die Handlung wurde in der Aufführung vom Französischlehrer Christophe Antony als Erzähler getragen – da für ein vollständiges Theaterstück schlicht Geld und Zeit fehlten. Die meisten Soloparts übernahmen die Profi-Sängerinnen und -Sänger Stefanie Gygax, Anne Heffner, Noëmi Sohn, Rudolf Remund und Arndt Krüger, teilweise aber auch Schülerinnen und Schüler.

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Und was kam beim Publikum an?

«Überglücklich erlebte ich mit [...] dem strahlenden, theatralisch singenden Chor, virtuos musizierenden Instrumentalisten und Solisten ein traumhaftes Konzert – ein Geschenk! Der Chor war spitze und brachte beinahe das ganze Kurtheater sogar in der heutigen Zeit zum Strahlen.» (R. Fischer aus N.)

«Einmal mehr staunte ich. Zuvorderst im Kurtheater, ganz nah am Geschehen als Zuschauer-Hörerin genoss ich alles sozusagen hautnah, intensiv und war entsprechend erfüllt und beglückt. Nicht minder mein Lebenspartner: Und wir entschieden, das wunderbare Erlebnis nicht zu überdecken, keine weiteren Konzerte zu besuchen, nicht mal zum Abschied des Dirigenten des argovia philharmonic.» (S. Müller-Morgenegg aus L.)

«Ich bin seit 1999 beeindruckt: Sie bringen es immer wieder fertig zu begeistern, zu fordern: Können, Lust am Tun und harte Probenarbeit zusammen zu bringen. Den jungen Menschen entsprechend auch zu gestalten, Freiräume zu lassen.»

«Die Oper von Offenbach war nicht nur musikalisch und szenisch auf hohem Niveau, sondern auch voller Lebendigkeit, Freude und Tiefgang. Wie in den letzten Jahren war die Qualität der Aufführung schlicht ausgezeichnet – sowohl im Zusammenspiel aller Beteiligten als auch in den vielen überzeugenden Einzelauftritten. Es war deutlich spürbar, mit wie viel Herzblut, Engagement und Professionalität alle Mitwirkenden auf und hinter der Bühne beteiligt waren.» (C. E. aus B.)

«Wir waren begeistert!!! Es war ein grandioses, fröhliches und auf höchstem Niveau gesungenes und gespieltes Konzert. Ganz ehrlich, der gestrige Abend war eine pure Freude. Ganz grosses Kompliment»  (B. Keusch aus E.)

Offenbachs Werk traf mitten ins Herz – leichtfüssig, pointiert, unvergesslich. Ein halbes Jahr Probenarbeit zahlte sich aus, als sich das fast ausverkaufte Kurtheater am 10. und 11. Mai zweimal in ein musikalisches Raumschiff verwandelte. Oder – um es mit den Worten des Apollo-8-Astronauten William Anders zu sagen:

«Wir sind bis zum Mond geflogen – und haben dabei die Erde entdeckt.»

Danke an alle Mitwirkenden für diesen galaktischen Abend. Wer dabei war, wird ihn so schnell nicht vergessen!

 

 

 

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