Eine Studienwoche in Biel
Biel/Bienne: Die lebensfrohe, multikulturelle Stadt am Südfuss des Juras hätte Ziel einer normalen Studienwoche der Kantonsschule Wettingen werden sollen. Dass mehr daraus wurde, war weitgehend Zufall. Doch der Reihe nach ...
Biel/Bienne eignet sich exzellent als Ausgangspunkt einer Studienwoche, die das Verhältnis zwischen der deutschen Schweiz mit ihrer dialektalen Landschaft und der Romandie unter die Lupe nehmen will. Hier prallt Seeländer Bodenständigkeit auf französischen Esprit. Auf das «Grüessech» wird oftmals mit einem «Bonjour» geantwortet. Was lag also näher, als ein Besuchsprogramm zu organisieren, das verschiedene Aspekte der Stadt und ihrer Umgebung aufzeigen sollte?
Vorab war ein Besuch bei den «Stadtbehörden» festgelegt worden, ein Ausstellungsbesuch im «Neuen Museum Biel», das «Literaturinstitut» sollte Thema sein, das «Forum für Zweisprachigkeit» und auch eine längere Wanderung war geplant, ein Ausflug zu Jean-Jacques Rousseau auf der «Petersinsel». Ebenfalls angekündigt hatten wir einen Besuch im Medienhaus Gassmann, das neben dem «Bieler Tagblatt», dem «Tägu», das «Journal du Jura» herausgibt, und von seinem Medienzentrum in der Nähe des Bieler Bahnhofes «TeleBielingue» und das Lokalradio «Canal 3» in einer deutschen und französischen Ausgabe ausstrahlt.
Auf die Anfrage beim Medienhaus folgte postwendend eine Gegenanfrage: Ob wir bereit wären, im Rahmen der Projektwoche für die jeweils am Freitag erscheinende «Kontext-Beilage» vier oder fünf Seiten Text zu produzieren. Wir haben uns nicht lange bitten lassen: Die Teilnehmer*innen der Studienwoche wurden einige Wochen vor Beginn zusammengerufen, um das Vorhaben mit dem stellvertretenden Chefredaktor zu diskutieren. Die Schüler*innen haben in der Folge eine Redaktion gebildet: Recherche-Teams erhielten Aufträge, eine Leitung wurde eingesetzt, das Korrektorat übernahmen die zwei Lehrpersonen. Damit die Schüler*innen für ihre Recherchen Zeit hatten, wurde das Besuchsprogramm entschlackt.
Schüler*innen werden Reporter*innen
Mit der Ankunft in Biel/Bienne nahmen die Schüler*innen ihre Tätigkeit als rasende Reporter auf. Derweil zwei Schülerinnen an einem Portraitfilm über Biel/Bienne arbeiteten, begaben sich die anderen Gruppen auf Spurensuche: Eindrücke wurde eingefangen, Strasseninterviews durchgeführt und Interviewtermine festgelegt. Es musste schnell gehen. Bereits ab Mittwoch sollten die ersten Texte vorliegen. Fixpunkte der Variowoche waren das Morgen- und das Abendessen – hier kamen alle Schüler*innen zusammen, um sich auszutauschen – und die gemeinsamen Ausflüge. Daneben bewegten sich die Studierenden weitgehend frei in der Stadt.
Donnerstag und Freitag waren unsere Schreibtage. Innert kürzester Frist entstanden die Artikel, die im BT vom 17.10.2019 publiziert wurden. Ausserdem erschien in der Zeitung ein Artikel des KSWE_Besuchs und auch der Film der Schüler*innen wurde publiziert – eine schöne Geste.
Artikel Schüler*innen im Bieler Tagblatt Publikation Bieler Tagblatt
Unser Betreuer hatte uns noch vor der Studienwoche darüber berichtet, dass ein wichtiger Inserent sein wöchentlich erscheinendes ganzseitiges Inserat gestrichen hätte. Was das für eine mittelgrosse Zeitung bedeutet, der «Tägu» hat eine Auflage von 19'000 Exemplaren, muss nicht erläutert werden...
Nach der Publikation hätte ein abschliessendes Rebriefing stattfinden sollen, das hatten wir so vereinbart – es unterblieb. Der stellvertretende Chefredaktor war in der Zwischenzeit entlassen worden. Unsere Schüler*innen sind nicht nur den Chancen und Möglichkeiten eines regionalen Presseerzeugnisses begegnet, sondern auch seinen Grenzen: Was Tag für Tag im Briefkasten liegt, ist heute kaum mehr zu finanzieren.
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Film: Piera Busetto und Lorena Messmer, G3B